Den perfekten Bewerber gibt es nicht
Den perfekten Bewerber gibt es nicht – warum euer Onboarding entscheidender ist
Viele Unternehmen suchen nach der perfekten Fachkraft – die Person, die direkt einsatzbereit ist, sich nahtlos ins Team einfügt und sofort produktiv arbeitet. Doch diese Idealvorstellung ist unrealistisch. Niemand wird sich bewerben, der exakt die gleiche Software, Maschinen und Prozesse bereits kennt. Viel wichtiger ist daher eine durchdachte Einarbeitung. Denn oft liegt die Ursache für hohe Fluktuation in den ersten Monaten nicht am Bewerber, sondern am Onboarding-Prozess.
Warum die perfekte Fachkraft nicht existiert
Es ist illusorisch zu glauben, dass eine neue Mitarbeiter*in ab Tag eins produktiv arbeiten kann. Die einzige Person, die diesen Anspruch erfüllen könnte, ist ein ehemaliger Mitarbeiter. In jedem neuen Unternehmen müssen Abläufe, Strukturen und Details erst erlernt werden. Ein „Schulterblick“ von zwei Stunden reicht nicht aus, um sich in komplexe Arbeitsprozesse einzuarbeiten.
Fehlendes Onboarding führt zu schneller Fluktuation
Viele Unternehmen suchen nach den Ursachen für hohe Kündigungsraten in den ersten drei Monaten bei den Mitarbeiter*innen selbst oder im Arbeitsmarkt. Dabei liegt die Lösung oft im eigenen Haus: Ein mangelhaftes Onboarding führt dazu, dass sich neue Mitarbeiter*innen unsicher fühlen und sich nicht mit dem Unternehmen identifizieren.
In der Anfangszeit ist jede neue Fachkraft sensibel, beobachtend und kritisch. Sie fragt sich:
- „Habe ich die richtige Entscheidung getroffen?“
- „Macht mir die Arbeit Spaß?“
- „Kann ich den Anforderungen gerecht werden?“
Je schlechter die Erfahrungen bei früheren Arbeitgebern waren, desto skeptischer und verschlossener ist die Person.
Vertrauen aufbauen statt ins kalte Wasser werfen
Ein häufiger Fehler im Onboarding: Die neue Fachkraft wird direkt ins kalte Wasser geworfen und bekommt vage Anweisungen wie „Mach mal“. Das führt nicht zu Dankbarkeit, sondern zu Frustration und möglicherweise sogar Selbstzweifeln. Ohne eine strukturierte Einführung können neue Mitarbeiter*innen nie die Qualität und Geschwindigkeit erreichen, die sie aus früheren Jobs gewohnt sind.
Die Folge: Sie fühlen sich überfordert, die Korrekturen durch Kolleg*innen verstärken das Gefühl des Versagens – und irgendwann entsteht Resignation. Kündigungen oder eine innere Distanz zum Unternehmen sind dann nicht mehr weit.
Die Lösung: Strukturiertes Onboarding mit Dokumentation
Die wichtigste Regel für ein erfolgreiches Onboarding: Niemand sollte eine Aufgabe zum ersten Mal alleine durchführen müssen. Jedes Arbeitspaket sollte vorab erklärt werden, und die Person sollte jederzeit die Möglichkeit haben, Prozesse eigenständig nachzuschlagen – ohne das Gefühl zu haben, sich vor den Kolleg*innen „dumm“ zu stellen.
Falls es noch keine Schulungsstruktur gibt, muss diese zur Priorität gemacht werden. Der Aufbau von Schulungsmaterialien ist ein kontinuierlicher Prozess, der nie endet. Hier einige einfache Ansätze:
Bildschirmaufnahmen und Headset nutzen
Tools wie Loom ermöglichen es, Arbeitsschritte direkt am Bildschirm aufzunehmen und mit gesprochenen Erklärungen zu versehen. Wichtig ist, dass jede Anleitung eine Einleitung enthält:
- Wann wird der Prozess benötigt?
- Warum ist dieser Schritt wichtig?
Handyaufnahmen und QR-Codes für handwerkliche Berufe
Im produzierenden Gewerbe oder Handwerk sind Computer oft nicht verfügbar. Eine simple Lösung ist, Erklärvideos mit dem Handy aufzunehmen und diese als „nicht gelistet“ auf YouTube hochzuladen. Über einen QR-Code können Mitarbeiter*innen die Videos dann abrufen.
Nicht die erfahrensten Mitarbeiter*innen für Schulungen einsetzen
Langjährige Mitarbeiter*innen oder Führungskräfte sind oft nicht die besten Trainer. Sie arbeiten zu routiniert, setzen zu viel Wissen voraus und sind sich nicht bewusst, wie schwer neue Aufgaben für Anfänger sein können. Deshalb ist es sinnvoll, Schulungen von Mitarbeitenden durchführen zu lassen, die selbst noch relativ neu sind.
Schulungen aufzeichnen
Jede Schulung sollte dokumentiert werden – sei es durch eine Videoaufnahme oder eine schriftliche Checkliste. So können neue Mitarbeiter*innen die Inhalte jederzeit erneut abrufen, ohne ihre Kolleg*innen stören zu müssen.
Keine komplizierte Wissensdatenbank – eine einfache Ordnerstruktur reicht
Ein komplexes Intranet oder eine Unternehmens-Wikipedia braucht es nicht. Eine gut strukturierte Ablage mit PDFs und Checklisten ist oft effektiver:
- Hauptordner: „Anleitungen“
- Unterordner nach Bereichen
- Dokumente im PDF-Format mit kurzen, prägnanten Erklärungen
Fazit: Fangt sofort mit dem Onboarding-Material an
Wartet nicht darauf, dass der „perfekte Bewerber“ kommt – er existiert nicht. Stattdessen sollte der Fokus auf einer strukturierten Einarbeitung liegen. Beginnt mit den einfachsten Aufgaben und baut darauf auf. Mit den richtigen Schulungsmaterialien könnt ihr neue Fachkräfte effizient einarbeiten und langfristig an euer Unternehmen binden.
Die wichtigste Botschaft: Gutes Onboarding verhindert hohe Fluktuation. Neue Mitarbeiter*innen müssen sich in den ersten Wochen wohlfühlen, um motiviert und langfristig im Unternehmen zu bleiben.